Howe Gelb in luftiger Höhe

Dust Bowls (deutsch Staubschüsseln) kennen wir in Deutschland nicht. Das sind in den USA und Kanada Teile der Großen Ebenen („Great Plains“), in der in den 1930er Jahren verheerende Staubstürme Ernten vernichtet und Menschen in ihren Häusern regelrecht eingeweht haben. Dust Bowl ist auch der Titel des neuen Albums von Howe Gelb. Er stellte es neben anderen Songs am letzten Samstag auf der Dachterrasse des Uebel & Gefährlich auf St. Pauli vor.

Das Uebel & Gefährlich ist an einem Ort mit viel erschreckender und gruseliger Geschichte, nämlich im vierten Stock des Flakbunkers IV auf dem Heiligengeistfeld. Der Flakbunker ist einer von zwei in Hamburg (es gibt noch drei in Berlin und drei in Wien). Zwischen 1941 und 1943 von den Nazis geplant und vielen Zwangs- und Fremdarbeitern gebaut. Hier sollte eine vollständig selbständige Versorgung möglich sein. Im Ernstfall hatte die Besatzung der Türme eine eigene Strom- und Wasserversorgung und ein eigenes Krankenhaus. Er war so massiv gebaut, dass er auch Gasangriffen standhalten konnte. Bei den Bombenangriffen auf Hamburg 1943 fanden viele Hamburger im Bunker Unterschlupf. Heute steht der Bunker unter Denkmalschutz und erinnert an die Grauen des zweiten Weltkriegs.

Die Geschichte ist in jeder Ecke spürbar, eine beklemmende Atmosphäre macht sich schnell breit. Inzwischen hat sich der Bunker zu einem Medienzentrum entwickelt, das Uebel & Gefährlich im vierten Stock gehört dazu. Hier finden außergewöhnliche Konzerte, Feste, Lesungen und andere Veranstaltungen statt.

Howe Gelb, auch Gründer der Band Giant Sand aus Amerika, gab ein kleines aber feines Konzert auf der Dachterrasse im 5. Stock. Mit knapp 100 Zuhörern war es rappelvoll.

Barrierefrei und mit dem Rollstuhl selbständig erreichbar ist dieser versteckte Ort nicht. Man kann zwar mit einem Fahrstuhl bis in den 4. Stock fahren. Auf die Dachterrasse kommt man aber nur über eine enge Wendeltreppe. Zum Glück waren die Mitarbeiter und mein Liebster sehr nett und hilfsbereit. Mit vereinten Kräften trugen sie meinen Rollstuhl und mich die Treppe hoch. Eine Hilfsbereitschaft die ich gern annahm. Als Olaf die Karten kontrollierte, war er erstaunt, dass wir zwei gekauft hatten. Bei Schwerbehinderten hat die Begleitperson freien Eintritt und er gab uns prompt das Geld für ein Ticket zurück.

Belohnt wurde ich mit einem Logenplatz direkt vor der improvisierten Bühne, einem kleinen Podest, einem tollen Konzert (c) Birgit Brink - Howe Gelb, Juli 2013und einem fantastischen Blick über die Dächer von St. Pauli. Einziger Nachteil, es war zwar mitten im Juli, aber ziemlich kühl. Immerhin regnete es nicht. Und Howe Gelb und seine beiden Kinder fanden die Kühle bestimmt erfrischend, kommen sie doch aus dem zur Zeit glutheißen Texas.(c) Birgit Brink - Howe Gelb, Juli 2013

Um die Erinnerung noch lange zu konservieren haben wir die neue CD „Dust Bowl“ mitgenommen. Bestimmt werde ich solche Abenteuer nicht dauernd wagen. Was bleibt ist die Erfahrung, dass tolle Erlebnisse auch mit Einschränkungen möglich sind.

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