Immer konnte ich selbst entscheiden, wie mein Leben aussieht. Wo ich wohne, ob ich die Bahn, das Fahrrad oder das Auto nehme, in welches Restaurant ich gehe oder in welchem Kino ich einen Film sehe. Auch die freie Arztwahl war möglich.
Seit 11 Jahren ist einiges anders, ich bekam die Diagnose MS. Von vielen Dingen musste ich mich inzwischen verabschieden. Mein geliebtes Fahrrad ist längst verkauft, ein entspannter Spaziergang oder eine Wanderung sind schon lange nicht mehr möglich, seit kurzem kann ich mein Auto nicht mehr steuern.
Heute nutze ich einen Rolli und muss immer fragen, ob meine Ziele barrierefrei erreichbar sind. Mit meinem Handbike – eine gute Alternative zum Fahrrad – kann ich zwar keine Stufen überwinden. Für längere Strecken fehlt mir die Kondition, allerdings kann ich selbst bestimmen, wo es hin gehen soll und muss mich nicht schieben lassen.
Trotz guter Hilfsmittel sind in Hamburg spontane Ausflüge fast unmöglich. Immer muss ich gut planen und recherchieren. Egal ob es in ein Restaurant, in die U-Bahn, eine Arztpraxis oder ein Theater gehen soll. Wie entspannt war es in Vancouver in Kanada. Jedes Starbucks oder Blenz Café war erreichbar und hatte eine Behindertentoilette, ich konnte in jede Straßenbahn steigen und musste nicht mühsam herausfinden, ob ein Ziel zugänglich ist.
In Hamburg ist es ratsam, mit einem lieben Menschen auszugehen, der mich in der Bahn begleitet oder im Auto mitnimmt. Allerdings stellt sich jedes Mal wieder die Frage, wo wir hingehen wollen und können. Es gibt kaum Informationen, welche Orte barrierefrei erreichbar sind und ob sich die Toiletten im Keller verstecken.
Die Suche nach einem geeigneten Restaurant ergab nach 2 Stunden surfen im Internet gerade mal drei Treffer. Der Tourismus Verband Hamburg gibt sich weltoffen auch für Menschen mit Behinderungen und verweist auf einen Gastronomieführer, bei dem man nicht nach dem Kriterium barrierefrei suchen kann. Der Link zu http://www.handicap-info.de/ führt auf eine wenig ansprechend gestaltete und veraltete Webseite, die auch keine passenden Informationen liefert.
Was Barrierefreiheit angeht ist Hamburgs Informationsangebot eine Katastrophe. Aber als Rollstuhlfahrerin brauche ich für die Planung Hilfe und nicht extra Hürden. Immer mehr bekomme ich den Eindruck, dass in dieser Weltstadt Menschen mit Behinderungen als Bewohner und Gäste nicht willkommen sind. Auf den Verweis auf fehlerhafte und unzuverlässige Informationen – eine reine Zeitverschwendung – könnte man ganz verzichten.
Birgit Brink, September 2012