Bahnfahrt die zweite: ….

Frauke Krienke plant eine Reise mit ihrem Handbike entlang des Elberadweges und will für ihre Tour vorbereitet sein. Dafür testet sie die Zugänglichkeit von „barrierefreien“ Bahnhöfen, Behinderten-WCs, das Ein- und Aussteigen in einen Metronom oder die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft von Bahn-Mitarbeitern und anderen Fahrgästen. Auf der Suche nach einem barrierefreien Bahnhof bekam sie beim Einkaufen in Meckelfeld den Tipp, dass der Bahnhof in Winsen/Luhe nun endlich barrierefrei sei. Das musste natürlich gleich ausprobiert werden.

Sie sucht sich eine direkte Zugverbindung (ohne Umsteigen zu müssen) von Harburg nach Winsen/Luhe, die von den Gleisen 3-4 oder 5-6 in Harburg startet. Denn inzwischen weiß sie, dass nur die Fahrstühle zu diesen Gleisen groß genug sind, für sie und ihr Handbike. Thank you for tavelling with Deutsche Bahn

Auf den nächsten Metronom muss sie noch etwas warten, der Bahnsteig in Harburg ist ziemlich voll. Sie hofft, dass im Wagen am Zugende, der für Rollstühle, Fahrräder, Kinderwagen und Fahrgäste vorgesehen ist, genügend Platz ist. Sie hatte sich spontan entschieden, diese Tour zu fahren. Für einen Anruf bei der Bahngesellschaft METRONOM für die Anforderung einer Hilfeleistung beim Einsteigen war es zu spät.

Aus dem einfahrenden Metronom steigt eine Zugbegleiterin. Sie spricht Frauke freundlich an, ihr Blick sieht aber eher genervt aus. Vorausschauend fragt Frauke, auf welcher Seite der Ausstieg in Winsen sei. Ihre Überlegung: „Wenn ich gleich richtig herum einsteige, erspare ich mir und den anderen Fahrgästen ein umständliches Wendemanöver.“ „Auf der rechten Seite“, ist die Antwort.

Also muss sie rückwärts in den Wagen rollen. So kann sie, ohne wenden zu müssen, wieder in Winsen herausfahren. Es ist schwierig, die ausgefahrene Rampe rückwärts anzufahren Ungeduldig zerrt die Zugbegleiterin an den Griffen des Rollstuhls. Es geht ihr wohl nicht schnell genug. Was natürlich zum Scheitern verurteilt ist, die Bremsen sind noch nicht gelöst. Mit der deutlichen Aufforderung, dass im Moment keine Hilfe nötig sei, rollt Frauke rückwärts in den Wagon hinein. Geschafft!

Der Ausstieg in Winsen ist dann leider doch auf der linken Seite. Da es rückwärts gar nicht herausgeht, bittet sie einen jungen kräftigen Mann um Hilfe. Der hat sie fix aus dem Zug gelupft. Kurz blitzt der Gedanke auf, was ist, wenn sie nicht in diesen Fahrstuhl passt?“ Aber Glück gehabt. Der Fahrstuhl funktioniert und ist ausreichend groß.

Da steht sie nun im Tunnel. Die Wege nach oben sind gekennzeichnet. Treppen für Fußgänger, Rampen für Leute mit Handicaps. Auf einen Hinweis, welcher Weg zum Bahnhof und welcher zum Park-and-Ride-Parkplatz führt, wurde leider verzichtet.

Frauke ist ortsfremd und entscheidet sich für eine Seite, leide die falsche. Die Steigung ist nicht komplett glatt und es gibt kleine Sockel. Aber lang ist sie und Frauke fragt sich, wie das wohl jemand mit Mehrfachbehinderung und ohne Hilfe hinkriegt. Oder wie sich Menschen mit Seheinschränkungen orientieren?

Oben angekommen sieht sie nur parkende Autos, das Bahnhofsgebäude ist nicht zu sehen. Also alles wieder zurück und zur anderen Seite des Tunnels. Diese Rampe ist um einiges länger, selbst mit Handbike und ohne Gepäck nur mühsam zu erklimmen. Jemand mit Gepäck ist hier alleine aufgeschmissen.

Endlich oben angekommen, die Sonne scheint und Frauke freut sich auf ihre Tour. Vorher vielleicht noch mal für kleine Mädchen? Das Behinderten-WC ist ausgeschildert, alle Ein- und Ausgänge sind ohne Stufen. Es gruselt sie etwas vor dem WC – hat sie doch schon einige, weniger schöne, Erfahrungen machen müssen.

In Winsen lässt sich die Tür zu den getrennten Damen-, Herren- und dem Behinderten-WC nur durch Zahlung von 50 Cent öffnen. Der Euro-Schlüssel funktioniert hier nicht! Die Tür hat leider keinen automatischen Türöffner. Es kostet Kraft und Geschick, sie zu öffnen. Wenigstens fällt sie einem nicht gleich wieder ins Kreuz. Das Behinderten-WC liegt gleich auf der linken Seite, an der Tür prangt groß die Aufschrift. Auch diese Tür lässt sich nicht automatisch öffnen.

Als sie die Tür öffnet ist sie schockiert und möchte am liebsten gleich wieder umkehren. Das WC ist neu gebaut und wird anscheinend als Abstellraum genutzt. Nichts von dem Interieur ist sauber. Über allem – ausnahmslos – liegt eine leichte, klebrige Staubschicht. Direkt vor der Toilette steht ein Schrank. Mit dem Rollstuhl vor die Toilette zu fahren oder zu drehen ist unmöglich! Am Schrank hängen Warnwesten, vor ihm stehen Wegabsperrungen und Eimer. Neben der Toilette stehen Putzzeug, Eimer und Wischmob. Nicht mal die Putzutensilien wirken sauber. Am Waschbecken und Wasserhahn bleibt man fast kleben. Neben dem Spiegel stehen halb leere und leere Cola Flaschen. Unter dem Waschbecken steht ein Maurereimer mit „ich weiß nicht was“ drin. Frauke ist froh, ihr Desinfektionsspray in der Tasche zu haben.

So schnell wie möglich verlässt sie diesen ungastlichen Ort des Grauens wieder. Nun also auf in Richtung Elbe. Aber welcher Weg ist der Richtige? Es gibt Infokästen am Bahnhof, leider sind die Karten und Hinweise unlesbar, da von der Sonne verblichen. Sie orientiert sich grob Richtung Elbe und landet bald auf dem Elberadweg.

Der Bahnhof von Winsen/Luhe ist kein guter Startpunkt für eine Handbike-Tour. Man fühlt sich als Gast nicht willkommen und tut gut daran, diesem Ort schnell den Rücken zu kehren. Hoffentlich macht sie auf ihrer Tour von Wittenberge nach Dresden andere, positive, Erfahrungen.

©Frauke Krienke, Birgit Brink, Juli 2014

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