Entscheidung mit Kopf und/oder Bauch?

Im Leben spielen Entscheidungen eine große Rolle. Sei es, ob man zum Frühstück Kaffee oder Tee nimmt, sich für den Kauf oder Verkauf einer Aktie entscheidet oder welche Kleidung man tragen will. Oft haben die Entscheidungen keine größeren Konsequenzen, in vielen Fällen besteht jedoch Unsicherheit, welche Entscheidung gut und richtig ist.

Entscheidung unter Unsicherheit ist ein großes Thema. In der Wikipedia findet man dazu dazu: Unter Entscheidungen unter Unsicherheit versteht man in der Entscheidungstheorie Situationen, in denen der Eintritt von zukünftigen Umweltzuständen nicht mit Sicherheit vorausgesagt werden kann. Das heißt, dass die Auswirkungen der Auswahl einer der zur Verfügung stehenden Alternativen nicht vollständig bekannt sind. (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Entscheidung_unter_Unsicherherheit)

P1010185Der Ausgang einer individuellen Entscheidung ist unsicher, wenn man die zukünftigen Entwicklungen nicht voraussehen kann. Wird die Börsenspekulation erfolgreich sein? Werde ich Kunden von meiner Geschäftsidee überzeugen? Wird meine Ehe glücklich sein?

Durch gründliche Recherche kann man versuchen, möglichst fundierte Informationen zu sammeln und das Risiko minimieren. Ob sie persönlich richtig oder falsch ist, hängt von vielen weiteren Faktoren ab: Reicht die Informationssammlung, sind die genutzten Informationsquellen gut und verlässlich? Welche Rolle spielt die eigene Intuition? Ist es nicht besser, nur auf das eigene „Bauchgefühl“ zu vertrauen?

Selten fragt man sich, aus welchem Grund man sich „richtig“ entschieden hat. Manchmal vertraut man allein seinem Bauchgefühl und stellt fest: Die Entscheidung war richtig. Ein anderes Mal sind es Ratschläge von Menschen, die sich auskennen oder überzeugende Argumente haben.

Mich begleitet das Thema „Entscheidung unter Unsicherheit“ ganz konkret, es betrifft keine wirtschaftlichen, sondern gesundheitliche Entscheidungen. Eine chronische Krankheit, für die es bis heute keine Heilung gibt, begleitet mich seit 15 Jahren. Es gibt viele Ansätze, mit denen versucht wird, die negativen Auswirkungen der Krankheit in Schach zu halten. Ob ein Ansatz funktioniert, ist individuell sehr unterschiedlich. Manche leiden sehr stark unter Nebenwirkungen, halten sie aber aus, weil sie das Gefühl brauchen, gegen eine unberechenbare Krankheit zu kämpfen, und sich nicht besiegen lassen wollen. Ein Sinnspruch aus vielen Internet-Foren ist: „Wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon verloren“. Andere probieren von 10 Ansätzen 9 aus, ohne zu überlegen, ob der gewählte Ansatz überhaupt für sie geeignet ist und sind enttäuscht, wenn sie mit der aktuellen Therapie wieder aufhören müssen.

Vor 15 Jahren wurde mir geraten, sofort mit einer medikamentösen Therapie zu beginnen, da ich sonst in kurzer Zeit im Rollstuhl durch die Gegend fahren müsse. Brav fing ich unverzüglich mit der Therapie an, die leider bei mir gar nicht wirkte und fahre heute trotzdem mit einem Rollstuhl durch die Gegend.

Inzwischen habe ich gelernt, dass Mediziner häufig zu einer nicht optimalen Therapie raten, mit dem Ziel, Verschlechterungen zu minimieren, und damit Zeit zu gewinnen und Verbesserungspielräume zu haben, falls zukünftig DIE Lösung gefunden wird. Dieser Rat kann richtig oder falsch sein.

Ich erinnere mich noch an den Arzt, der mir die Diagnose mitteilte. Er versprach, in 10 Jahren gäbe es eine Lösung. Die Realität sieht so aus, dass Mediziner zwar fleißig forschen, eine Lösung haben sie aber noch nicht gefunden. Ich weiß, dass es gegen meine Form der Krankheit noch keine Heilungsansätze gibt. Es gibt vielversprechende Erkenntnisse, die aber noch lange nicht zur Anwendung kommen.

Einerseits bin ich froh darüber, dass mir so erspart bleibt, als Versuchskaninchen für Medikamente zu dienen, zu deren langfristigen Wirkungen es noch keine Erkenntnisse gibt. Ich muss nicht jede neue Idee ausprobieren, um ausreichend Kampfgeist zu zeigen. Andererseits lebe ich mit einer doppelten Unsicherheit. Ich weiß nicht, wie sich die Krankheit weiter entwickeln wird und welchen Weg ich gehen kann oder sollte, um weitere Verschlechterungen, vor denen ich Angst habe, aufzuhalten. Einige Wege, die ich bisher probiert habe, stellten sich als wenig hilfreich heraus.

Was bleibt mir?

Ich stehe allen „Heilungsversprechen“ sehr skeptisch gegenüber. Immer habe ich das Gefühl, jemand wittert lukrative Geschäfte und will Lösungen vermarkten, die nicht meine sind. Andererseits wünsche ich mir Hinweise auf Wege, die mein Wohlbefinden erhöhen. Nicht aber, dass jemand bestimmt „diesen Weg musst du gehen, dann geht es dir gut“ Diese Ansätze sollten auch meine Persönlichkeit berücksichtigen.

Die Entscheidung, welchen Weg ich gehen will, liegt allein bei mir. Und bei der Wahl spielen verlässliche und nachvollziehbare Information und Bauchgefühl eine gleichwertige Rolle.

© Birgit Brink, Juli 2015

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